„Am Samstag, den 17. August 2024, kam es in Regenstauf zu einem vollendeten Tötungsdelikt zum Nachteil einer 42-jährigen Frau.“ So lautet das nüchterne Zitat aus einer Pressemeldung der Polizei Bayern. Kurz und deutlich gesagt: Es war ein Femizid.
Unter dem Begriff Femizid versteht man ein Tötungsdelikt an Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts. Die Bezeichnung „Femizid“ wurde erstmals 1976 von der Soziologin Diana E. H. Russell anlässlich des Internationalen Tribunals über Gewalt gegen Frauen in Brüssel verwendet. Obwohl es den Begriff seit fast 40 Jahren gibt, hat er in Polizeiberichte noch keinen Eingang gefunden. Und auch Medien/Presse gehen sehr sparsam damit um.
Wenn Polizei und Medien über Gewalttaten gegen Frauen berichten, fällt häufig der Begriff „Beziehungstat“. Dieser Begriff ärgert mich sehr, weil er das Leid der Betroffenen komplett verharmlost. Die Verwendung dieses Begriffs rührt daher, dass sich Täter und Opfer kennen. Das impliziert für mich fälschlicherweise eine Mitschuld des Opfers, nach dem Motto: Hätte sie sich nur nicht auf ihn eingelassen. Das Opfer ist aber in keiner Weise schuldig, und es darf keine Umkehr der Täter-Opfer-Rolle geben.
Der Begriff „Beziehungstat“ wird vor allem dann verwendet, wenn es sich um die Tötung einer aktuellen oder ehemaligen Partnerin handelt. Wesentlich präziser würde der Begriff „Femizid“ diese abscheulichen Gewalttaten beschreiben.
Oftmals ist in der Presse auch von einem tragischen Bluttat im Zusammenhang mit Femiziden die Rede. Es ist nicht tragisch, wenn ein Mann seine (Ex-)Partnerin tötet. Tragisch ist, wenn ich beim Fensterputzen aus dem Fenster stürze und mich dabei tödlich verletze. Wenn mein Partner mich tötet, hat das mit Tragik nichts zu tun.
Warum töten Männer ihre (Ex-)Frauen? Studien belegen, dass Männer vor allem töten, um die Macht über die Frau zu behalten bzw. um die Frau zu behalten. So abwegig das auch klingt: Wenn er sie schon nicht bekommt und sie ihn verlassen möchte, dann soll sie auch niemand anderer bekommen. Und deshalb muss sie sterben.
Ich finde es erschütternd, dass in einem hochzivilisierten Land wie Deutschland fast alle zwei Tage eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet wird. 2023 wurden bundesweit 155 Frauen Opfer eines Femizids. Hinter diesen Frauen stehen häufig auch Kinder, die traumatisiert zurückbleiben. Das darf man nicht vergessen.
Die Bewegung „One Bilion Rising“, die sich für die Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen einsetzt, führt zu Femiziden eine Statistik und hat dazu auf ihrer Website auch eine Landkarte eingerichtet. Danach wurden 2024 in Deutschland bislang 101 Frauen getötet (Stand:31. August 2024).
Welche gesellschaftspolitischen Konsequenzen sollte man aus dieser erschreckend hohen Anzahl an Femiziden ziehen? Dabei lohnt sich ein Blick nach Spanien. Spanien gilt in Europa als Vorreiter im Kampf gegen Gewalt an Frauen gilt. Seit 2017 ist das Thema Häusliche Gewalt dort eine „Staatsaufgabe mit hoher Priorität“. Es gibt gerichtliche Schnellverfahren, strenge Urteile und spezielle Schulungen für Richter*innen, Anwält*innen, Lehrer*innen und Polizist*innen. Häusliche Gewalt hat auch Eingang in die Lehrpläne gefunden, um Kinder und Jugendliche frühzeitig für dieses Thema zu sensibilisieren und aufzuklären.
Wenn in Spanien ein Femizid passiert, ist das die Einstiegsmeldung in der abendlichen Hauptnachrichtensendung. Das könnte man sich bei uns nicht vorstellen, dass die Tagesschau mit einer Meldung über einen Femizid aufmacht. In Deutschland erhalten Femizide leider nicht die Aufmerksamkeit, die ihnen zustände.
Auch wenn wir selbst nicht von häuslicher Gewalt betroffen sind, dürfen wir nicht wegschauen. Gerade als großer Frauenverband sollten wir dieses Thema immer wieder auf die Agenda bringen.
Wenn Sie in ihrem Umfeld eine Frau kennen, die von häuslicher Gewalt betroffen ist oder sich in einer schwierigen Trennungssituation befindet, ermutigen Sie sie bitte, sich Hilfe zu holen. Verweisen Sie sie auf das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der Nummer 116 016. Die Beratung dort ist kostenlos, anonym und mehrsprachig. In akuten Notsituationen oder bei konkreten Bedrohungen sollte natürlich immer die Polizei unter 110 gerufen werden.
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