Am 5. Oktober jährt sich zum zweiten Mal der Todestag von Barbara Stamm. Nur wenige Wochen später, am 29. Oktober, wäre sie 80 Jahre alt geworden. Zwei Jahre nach ihrem Tod ist die Lücke, die diese herausragende Persönlichkeit hinterlassen hat, noch immer spürbar. Barbara Stamm war über 50 Jahre lang Mitglied im KDFB. Sie fehlt, nicht nur im KDFB, sondern in der gesamten politischen Landschaft Bayerns als soziales Gewissen und mutige Stimme für die Schwachen.

Im Juli 2024 ist die Biografie „Barbara Stamm – Politikerin aus Leidenschaft für die Menschen“ im Würzburger Echter-Verlag erschienen. Ich habe mich auf diese Biografie sehr gefreut und habe sie während des Sommerurlaubs mit großer Begeisterung gelesen.

Die KDFB-Frau und Geschichtsprofessorin Daniela Neri-Ultsch zeichnet auf 400 Seiten das Leben und Wirken von Barbara Stamm detailliert und präzise nach. Sie hat dazu zahlreiche Gespräche mit Barbara Stamm geführt. Außerdem kommen in dieser Biografie viele Weggefährt*innen von Barbara Stamm zu Wort. Besonderes Schmankerl: Das Vorwort steuert die langjährige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth bei.

Das Buch enthält viele Fotos, sowohl in Farbe als auch in Schwarz-Weiß, die einen lebendigen Einblick in Barbara Stamms politische Karriere und ihr Privatleben geben.

Barbara Stamm, am 29. Oktober 1944 in Bad Mergentheim geboren, hatte eine schwierige Kindheit. Sie erlebte regelmäßig häusliche Gewalt und verbrachte immer wieder Zeit im Kinderheim. Der alkoholkranke Stiefvater bedrohte sie und ihre taubstumme Mutter häufig. Gerade diese schlimmen Kindheitserlebnisse führten bei ihr dazu, sich später als Sozialpolitikerin für Schwache und Hilflose einzusetzen.

Die politische Laufbahn von Barbara Stamm begann Anfang der 1970er Jahre als Stadträtin in Würzburg. Von 1976 bis 2018 war sie Mitglied des Bayerischen Landtags. Obwohl sie bis zuletzt keinen eigenen Wahlkreis hatte, entwickelte sie sich im Laufe der Jahre zur Stimmenkönigin der CSU.

Als Politikerin zeigte sich Barbara Stamm schon früh als „Frau mit Mut zum Widerspruch“. Nach Mathilde Berghofer-Weichner – ebenfalls KDFB-Mitglied – war sie erst die zweite Frau, der der Sprung ins Bayerische Kabinett gelang. 1987 wurde sie vom damaligen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß zur Staatssekretärin im Sozialministerium ernannt, 1994 von Edmund Stoiber zur Sozialministerin berufen. 1998 wurde sie stellvertretende Ministerpräsidentin und war damit auf dem Höhepunkt ihrer politischen Macht.

Wichtige familienpolitische Maßnahmen, wie zum Beispiel das Landeserziehungsgeld, wurden von ihr als Sozialministerin ins Leben gerufen. Während der BSE-Krise musste sie im Januar 2001 nach einer wochenlangen Medienkampagne ihren Rücktritt erklärten. Die Arbeit als Sozialministerin lag ihr stark am Herzen, deshalb schmerzte sie dieser Rücktritt sehr. Aber die kämpferische Unterfränkin schaffte ein glanzvolles Comeback. 2008 wurde sie die erste Landtagspräsidentin in Bayern. Bis 2018 übte sie dieses Amt mit großer Leidenschaft und Strahlkraft aus.

Die Biografie verschweigt auch Barbara Stamms gesundheitliche Rückschläge nicht. 2008, mitten im Landtagswahlkampf, erkrankte sie an Brustkrebs und konnte die Krankheit damals besiegen. 2018 erhielt sie bei einer Kontrolluntersuchung erneut eine Krebsdiagnose. Sie ging offen damit um, um anderen Mut zu machen und über die Krankheit aufzuklären.

Daniela Neri-Ultschs Biografie blickt hinter die Kulissen des Politikbetriebs und zeigt, wie Barbara Stamm ihr Politikverständnis „Nah am Menschen zu sein“ mit Leben füllte. Das war für sie keine leere Worthülse, und das merkten die Menschen, deshalb war sie auch so beliebt in der Bevölkerung.

Neben der Politikerin kommt auch die Katholikin Barbara Stamm zu Wort. Die Biografie gibt zudem einen Einblick in den Menschen Barbara Stamm, ihren Umgang mit der Familie und dem Freundeskreis, den sie bis zum Schluss ihres Lebens rege pflegte. Barbara Stamm war eine lebensfrohe, gesellige Frau, die gern feierte, nicht nur zur Fastnacht in Franken.

Dieses Buch liefert einen spannenden Einblick in das Leben und den Arbeitsalltag der Politikerin Barbara Stamm und dokumentiert gleichzeitig bayerische Zeitgeschichte. Das Buch ist informativ und zugleich unterhaltsam. Es vermittelt ein umfassendes Bild einer Frau, die von Daniela Neri-Ultsch treffend als „zart und hart“ beschrieben wird und die sich bis zu ihrem Tod mit Empathie und Durchsetzungsstärke für die Schwachen in der Gesellschaft einsetzte.

Barbara Stamm kann für uns alle ein Vorbild oder „Role Model“ sein. Von ihr können wir lernen, dass es sich immer lohnt, beharrlich für das einzutreten, was einem wirklich wichtig ist – im Großen wie im Kleinen.

Wer Lust bekommen hat, die Biografie von Barbara Stamm zu lesen, kann sie hier bestellen: https://www.echter.de/Barbara-Stamm-/books/bast461789/

Darüber hinaus bietet Daniela Neri-Ultsch im KDFB zwei Vorträge zur Biografie von Barbara Stamm an. Am 23. Oktober 2024 hält sie einen Vortrag über Barbara Stamm beim KDFB-Diözesanverband München-Freising: https://tinyurl.com/bdfkyrxu

Am 4. November können sich alle Interessierten bei einer Online-Veranstaltung des KDFB-Landesbildungswerkes von der Biografie Barbara Stamms inspirieren lassen: https://tinyurl.com/45bpchej

In meiner Freizeit lese ich gerne Frauenbiografien. Das Eintauchen in das Leben spannender Frauen begeistert mich sehr. Ansonsten bin ich in meiner Freizeit gerne auch mal faul. Meine Kinder sind inzwischen erwachsen, und ich genieße die neu gewonnene Zeit für mich. Während der Coronazeit hat mich dieser Blog als Leserin sehr aufgebaut. Umso mehr freue ich mich, dass ich auch als Autorin für diesen Blog schreiben darf. --- Dr. Gerlinde Wosgien ist promovierte Germanistin, seit 1999 Referentin beim KDFB Landesverband Bayern, zweifache Mutter und Wahlmünchnerin.

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